Das Zertifizieren von Produkten und Dienstleistung scheint zu einer Art Volkssport geworden zu sein. Dieser Trend macht auch vor den Stromanbietern nicht halt. Ökostrom Gütesiegel haben sich als Maßstab zur Verbraucherorientierung entwickelt – ohne dass viele Verbraucher überhaupt wissen, welche Siegel welche Aussage trifft und wer dahinter steckt. Das werden wir in diesem Artikel ändern.
Die Wahrheit über echten und unechten Ökostrom
Das Problem liegt am Begriff, denn Ökostrom als solcher ist in Deutschland nicht geschützt. Folglich existiert auch keine einheitliche Zertifizierung, die besagt, dass es sich beim vorliegenden Produkt auch tatsächlich um sauberen Strom handelt, also solchen, der zu 100 % aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde. Mittlerweile hat sich eine Unterscheidung in “echten” und “unechten” Ökostrom durchgesetzt.
Hinter der unechten Variante verbergen sich meist sogenannte Klimatarife. Deren Eigenschaft ist es, auch aus konventionellen Rohstoffen – also Atomkraft oder Braunkohle – gewonnen zu werden. Die jeweiligen Anteile variieren von Anbieter zu Anbieter. Zum Beinahe-Ökostrom werden solche Tarife deswegen, weil Teile des Erlöses in Projekte zum Umwelt- und Klimaschutz fließen, die meist darauf abzielen, den CO2-Ausstoß zu vermindern. Demnach handelt es sich um eine Art Normalstrom mit Kompensation und im Preis meist günstiger als echte Ökostromtarife.
Echter Ökostrom hingegen wird einzig und allein aus erneuerbaren Energien gewonnen, d.h. überwiegend aus Solarenergie, Windenergie, Wasserkraft und Biomasse.
Die 4 großen Gütesiegel, die Sie kennen sollten
Im Folgenden werden die 4 bekanntesten Ökostrom Gütesiegel vorgestellt, mit denen sich diverse Tarife schmücken:
- Grüner Strom Label
- OK Power Label
- TÜV Nord
- TÜV Süd
Grüner Strom Label
Das Grüner Strom Label richtet sich vornehmlich an Stromprodukte, nicht an die jeweiligen Anbieter. Letzterer könnte also auch konventionelle Stromtarife im Angebot haben, ohne damit die Zertifizierung zu gefährden. Es sei denn, das Unternehmen ist direkt an einem Atomkraftwerk beteiligt.
Träger und Mitglieder des Vereins sind namhafte Unternehmen und Organisationen wie zum Beispiel Eurosolar, Bund für Umwelt, Naturschutz Deutschland (BUND) sowie der Naturschutzbund Deutschland (NABU). Interessant ist vor allem das Grüner Strom Label Gold (kurz: GSL Gold). Hiermit werden nur Stromprodukte zertifiziert, die zu 100 % aus erneuerbaren Energien stammen. Zudem muss mit einem festen Betrag je Kilowattstunde der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert werden.
Offizielle Website: gruenerstromlabel.de
Ok Power Label
Hinter dem Ok Power Label steht der Verein Energie Vision e.V. Gründungsmitglieder sind WWF Deutschland, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. und das Öko-Institut e.V. Auch hierbei handelt es sich ausschließlich um ein Produktlabel, mit dem einzelne Tarife zertifiziert werden. Es ist für die Zertifizierung auch völlig unerheblich, ob das Unternehmen daneben noch Strom aus Braunkohle oder Atomkraft anbietet.
Die Kriterien zur Zertifizierung besagen, dass mindestens ein Drittel des erzeugten Stroms aus Neuanlagen, die nicht älter als 6 Jahre sind, stammen muss. Beim nächsten Drittel dürfen die Anlagen nicht älter als 12 Jahre sein und das letzte Drittel kann aus Altanlagen stammen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Kunden in 6 Jahren mit Strom aus Anlagen beliefert werden sollen, die heute noch nicht existieren. Laut eigenen Angaben soll konventioneller Strom Schritt für Schritt vom Markt verdrängt werden. Hinsichtlich der Energiequellen dürfen, laut Kriterienkatalog, nur solche Arten der Stromerzeugung zertifiziert werden, für die auch eine Einspeisevergütung nach Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gelten würde. Neben Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik dürfen aber auch mit Erdgas als einzigen fossilen Brennstoff befeuerte Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen mit dem Label versehen werden.
Offizielle Website: ok-power.de
TÜV Nord und TÜV Süd
Da TÜV Nord und TÜV Süd zwei rechtlich eigenständige Unternehmen sind, muss die Zertifizierung von Ökostrom hier getrennt betrachtet werden.
Bei TÜV Nord müssen Stromtarife zu 100 % aus erneuerbaren Energien stammen. Hinzu kommt, dass der Anbieter den Ausbau von Anlagen zur Gewinnung von erneuerbaren Energien fördern muss. Darüber hinaus soll gegenüber dem Endkunden ein hohes Maß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit gewährt werden, was Bilanzierungsverfahren und Kommunikation betrifft.
Offizielle Website: tuev-nord.de
Ähnliche Voraussetzungen gelten auch beim TÜV Süd, denn auch hier muss Ökostrom zu vollen 100 % aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Zudem ist auch hier die Förderkomponente enthalten, die den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen soll.
Unterteilt wird die Zertifizierung in zwei Standards, EE01 und EE02. Für EE01 müssen mindestens 30 % des Ökostroms aus neuen Anlagen stammen oder zumindest Fondsabgaben zu deren Bau geleistet werden. Für den Standard EE02 gilt das Prinzip der Zeitgleichheit. Das bedeutet, dass innerhalb von 15 Minuten mindestens so viel Strom aus erneuerbaren Quellen produziert wird, wie Endkunden in der gleichen Zeit verbrauchen. Für beide gilt, dass Preisaufschläge nur dem Ausbau erneuerbarer Energien dienen dürfen.
Offizielle Website: tuev-sued.de
Für Sie als Verbraucher bieten die Ökostrom Gütesiegel lediglich eine Orientierung bzgl. der Nachhaltigkeit der Energiequellen, die der Anbieter oder der Tarif nutzt. Sie machen keine Aussage darüber, ob der Anbieter einen guten Service bietet, verhältnismäßig günstig ist oder grundsätzliche eine hohe Kundenzufriedenheit hat. Diese Aspekte sollten Sie auf jeden Fall zusätzlich noch einmal prüfen, bevor Sie wechseln.